Internationale Sprecheragenturen, Voice KI & der Schutz unserer Stimmen – Was professionelle Sprecher jetzt wissen müssen

von Ann Vielhaben (Kommentare: 0)

In: Experten-Tipps

Warum Transparenz, faire Verträge und der Schutz der Stimme in Zeiten von Künstlicher Intelligenz wichtiger sind denn je

1. Internationale Sprecheragenturen: Zusammenarbeit auf Augenhöhe vs. KI-Daten-Minen

Als professionelle Sprecherin arbeite ich eng mit einigen internationalen Agenturen wie Voice Crafters oder Voice Productions zusammen. Diese Plattformen sind für mich besonders, weil:

Die Kommunikation persönlich und transparent ist.
Projekte klar definiert und fair vergütet werden.
Die Rechte an meiner Stimme klar geregelt sind – keine versteckten Klauseln zur KI-Nutzung.
Der Fokus auf echter, menschlicher Performance liegt.Diese Zusammenarbeit funktioniert gut, weil sie den künstlerischen und professionellen Wert meiner Stimme respektiert.

Im Gegensatz dazu gibt es aber viele Online-Agenturen, die sich fast ausschließlich auf Voice Data-Jobs und KI-Stimmen fokussieren. Dort wird oft verlangt, dass Sprecherinnen und Sprecher umfangreiche Sprach­daten liefern, die dann für KI-Trainings verwendet werden.

Das Problem: Nach der Abgabe dieser Daten verlieren die Sprechenden oft jede Kontrolle – und ihre Stimme kann synthetisch weiter­verwendet werden, z.T. ohne faire Vergütung oder transparente Aufklärung.

2. Was sind Voice Data Projekte und warum sind sie für Sprecherinnen und Sprecher riskant?

Voice Data bedeutet: Unsere Stimme wird als Datensatz genutzt, um KI-Systeme zu trainieren. Das kann zu sogenannten Deepfake-Stimmen führen, die in Zukunft unendlich viele Texte generieren – ganz ohne weitere Arbeit von uns.

Für Sprecherinnen und Sprecher bedeutet das:

Verlust der Kontrolle über die eigene Stimme.
Unklare oder nicht existierende Nach­vergütungen.
Gefahr, dass KI-Stimmen uns in vielen Jobs ersetzen.


Diese Risiken sind real und sollten nicht unterschätzt werden.

3. Der EU AI Act – ein Schutzrahmen für Sprecherende

Die EU reagiert auf diese Heraus­forderungen mit dem AI Act (EU-Verordnung zu Künstlicher Intelligenz), der unter anderem regelt:

Transparenz: Nutzer müssen wissen, wenn KI-Stimmen eingesetzt werden.
Datenschutz & Einwilligung: Sprachdaten dürfen nur mit informierter Zustimmung verwendet werden.
Recht auf Löschung: Sprechende können verlangen, dass ihre Daten aus KI-Systemen entfernt werden.
Sicherheits­standards: KI-Systeme dürfen Stimmen nicht missbräuchlich einsetzen.


Diese Regeln sollen Sprechende und Verbraucher schützen – sind aber noch jung und werden nicht überall strikt umgesetzt.

4. Die KI-Paragraphen im Vertrag des Verband Deutscher Sprecher (VDS)

Der VDS, also der deutsche Sprecherverband, dessen Mitglied ich bin, hat für uns Sprecherinnen und Sprecher wichtige Vertrags­regelungen entwickelt, die u.a. Folgendes sicherstellen:

Keine un­autorisierte Nutzung der Stimme für KI ohne ausdrückliche Zustimmung.
Faire Vergütung bei Verwendung von Stimmen für synthetische Zwecke.
Schutz vor Daten­missbrauch und unkontrollierter Weitergabe von Sprach­aufnahmen.
Schutz vor „stillen Einwilligungen“Auch bei Online-Plattformen oder Verträgen mit allgemeinen Geschäfts­bedingungen gilt:
Eine implizite Zustimmung zur KI-Nutzung durch Schweigen oder durch versteckte Klauseln ist unwirksam.

Die Klausel soll sicherstellen, dass Sprechen de die volle Kontrolle über ihre Stimme behalten, insbesondere im Hinblick auf:

Ungewollte Replikation durch KI
Verdrängung durch synthetische Stimmen
Urheber- und Persönlichkeits­rechte


Diese Klauseln sind essenziell, um die Rechte von Sprecherinnen und Sprechern zu wahren.

5. Wie gehen internationale Agenturen mit diesen Regelungen um?

Faire Agenturen wie Voice Crafters arbeiten mit klaren Verträgen, transparenten Bedingungen und achten auf Einhaltung von AI Act und VDS-Standards.


Agenturen, die KI-Daten nutzen wollen, vernachlässigen oft Transparenz und Rechte­klärung, um Stimmen möglichst günstig und umfangreich zu sammeln.


Als Sprecherin ist es daher entscheidend, vor Vertrags­abschluss genau hinzuschauen und im Zweifel zu fragen oder abzulehnen.

⚠️ Vorsicht vor „Agenturen“, die auf Stimmfang gehen

Neben etablierten, transparenten Plattformen gibt es zunehmend sogenannte Agenturen ,die primär darauf ausgerichtet sind, Stimmen zu sammeln und Sprecherinnen und Sprechern mit vagen Verheißungen und undurchsichtigen Konditionen zu ködern.

Oft klingen die Angebote auf den ersten Blick verlockend: „Deine Stimme für globale Marken“, „International sichtbar“, „Zukunft mit KI sichern“.

Was dabei häufig nicht klar kommuniziert wird:

Die eigentliche Absicht besteht nicht in klassischer Vermittlung, sondern im Aufbau einer Voice-Datenbank.
Die Sprechenden übertragen weit­reichende Rechte an ihren Aufnahmen, oft ohne eine echte Gegenleistung.
Versprochene Jobs oder Honorare bleiben vage, unkonkret oder treten schlicht nie ein.


Solche Plattformen nutzen gezielt die Unsicherheit und den Reiz der „internationalen Sichtbarkeit“, ohne transparent zu machen, was mit der Stimme tatsächlich passiert.
Wer als Sprecher unkritisch zustimmt, gibt im schlimmsten Fall unwissentlich die eigene Stimme für KI-Training frei – dauerhaft, unwiderruflich und ohne angemessene Vergütung.

Fazit: Stimme bewahren – für Qualität, Fairness und Menschlichkeit

Die Digitalisierung und KI verändern unseren Beruf grundlegend. Doch wir müssen aktiv gestalten, wie diese Technologien eingesetzt werden – mit klaren Regeln, fairen Verträgen und Respekt vor der Kunst und Persönlichkeit, die jede Stimme einzigartig macht.

Als Profi­sprecherin setze ich deshalb auf vertrauensvolle, transparente Agenturen, informiere mich über rechtliche Entwicklungen und teile mein Wissen mit Kollegen und Auftraggebern. So sichern wir gemeinsam eine Zukunft, in der die menschliche Stimme nicht nur gehört, sondern auch geschützt wird.

Die zunehmende Verbreitung von Voice-KI, automatisierter Stimm­generierung und international agierenden Agenturen, die Sprachdaten sammeln, ist nicht bloß ein technischer Fortschritt – sie verändert tiefgreifend unser Berufsbild.

Was heute oft als „praktische Automatisierung“ oder „kostengünstige Alternative“ verkauft wird, kann morgen bedeuten:

Sprechende werden durch ihre eigenen synthetischen Stimmen ersetzt.
Langfristige Einkommensquellen gehen verloren.
Die Stimme als persönliches Ausdrucks­mittel wird zur anonymen, beliebig re­produzierbaren Ressource degradiert, deren Wert für den Konsumenten auch sehr infrage zu stellen ist. Herz und Hirn werden nicht mehr unmittelbar angesprochen.


Doch genau hier liegt der Wendepunkt: Wenn wir heute klare Grenzen setzen, unsere Rechte kennen und fair verhandeln, schützen wir nicht nur unsere eigene Stimme – sondern auch die Integrität unserer gesamten Branche.

Der AI Act gibt uns auf europäischer Ebene bereits ein rechtliches Fundament, der VDS-Vertrag schützt uns national – jetzt ist es an uns, diese Standards aktiv einzufordern und auf internationale Zusammenarbeit zu übertragen.

Sprechende, die sich nicht mit Voice Data und KI-Klauseln auseinandersetzen, laufen Gefahr, morgen unfreiwillig Teil von Systemen zu sein, die sie heute nicht verstehen – oder bewusst meiden würden.

 

Zurück

Einen Kommentar schreiben

Was ist die Summe aus 6 und 2?