Ein Blick hinter die Kulissen des Hörbuchsprechens!
Vom Skript zur Magie: Der künstlerische Prozess hinter jeder "gemasterten Stunde" Hörbuch
Die Faszination eines Hörbuchs liegt nicht nur im endgültigen Klang, sondern auch in den vielen Schritten, die davor stattfinden.
Die Bezeichnung "per finished hour" (pfh) ist in der Hörbuchbranche weit verbreitet und steht dafür, dass Sprecher für jede fertige Stunde der Aufnahme entlohnt werden.
Doch was bedeutet eine "fertige Stunde" eigentlich?
Sie ist vergleichbar mit einem kostbaren Elixier, einem Propolis, das durch präzise Handwerkskunst entsteht. Hinter jeder Stunde Hörbuch verbergen sich zahlreiche Stunden harter Arbeit und Hingabe.
Ein Hörbuchverlag bietet mir eine neue Kooperation an
Ein neues Angebot zur Zusammenarbeit mit einem Hörbuchverlag wartet in meinem Emailfach. Enthalten sind erste Informationen zum Projekt:
Dazu gehören eine kurze Inhaltsangabe, Details zur Autorin oder zum Autor, das geplante Veröffentlichungsdatum, die geschätzte Gesamtdauer des Hörbuchs und das Angebot pro fertiger Audiostunde.
Gelegentlich definiere ich selbst mein Honorar, je nachdem, ob meine Rolle auf das reine Sprechen beschränkt ist oder ich auch als Produzentin tätig werde. Bei Letzterem übernehme ich die Regie und Postproduktion oder delegiere diese Aufgaben an mein erweitertes Team.
Im nächsten Schritt prüfe ich, ob ich das Buch gestalten möchte und ob es zeitlich in meinen Kalender passt. Gleichzeitig kläre ich, welche Teammitglieder für die optionalen Termine der Regie und Postproduktion verfügbar sind.
Anschließend erfolgt die Abstimmung mit der Lektorin oder dem Lektor bezüglich des Aufnahmeorts – entweder in meinem Studio oder in einem externen Produktionsstudio. Gemeinsam legen wir fest, wie viele Tage für den gesamten Prozess benötigt werden.
Die Skriptvorbereitung
Sobald der Vertrag unterschrieben ist, geht es an die Vorbereitung des Skripts, das ich meist als PDF und auch als Word-Dokument zur Verfügung gestellt bekomme.
Lesen, Markieren von Dialogen, Notizen machen, Rollenarbeit – all das gehört zur intensiven Vorbereitung.
Zusätzlich erfolgt die Abstimmung mit Autor*in und Verlag bezüglich Aussprachewünschen, sei es für irische Namen oder Maori-Begriffe.
Es ist ein Tanz zwischen Präzision und künstlerischer Freiheit, um im Studio dann die perfekte Lesung zu gestalten.
Mit wem arbeite ich im Studio?
Während der eigentlichen Aufnahmezeit sind eine gute Aufnahmeregie und ein aufmerksamer Tontechniker Gold wert:
Feinabstimmungen können direkt besprochen werden, was die Notwendigkeit von Nachaufnahmen minimiert. Effizienz und Präzision gehen Hand in Hand, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.
Wann wir eine Pause benötigen, um mal kurz zu verschnaufen, ein Telefonat entgegennehmen zu können oder auch um etwas Leichtes zu essen, bespreche ich mit meinem Aufnahmeteam.
Doch selbst in der professionellsten Umgebung gibt es Ablenkungen. Plauder-Intermezzi mit Kolleginnen im Nebenstudio, Besuche von Autorinnen oder Verlagsvertreterinnen, Zuhörerinnen aus dem Lektorat – das Studioleben ist lebendig und überrascht mich und mein Team manchmal sogar.
Auch eine Praktikantin oder ein junger Kollege, der die Arbeit im Hörbuchbereich hautnah miterleben möchte, sitzt manchmal in der Regie dabei und darf lauschen und bekommt, wenn es unsere Zeit zulässt, auch mal Fragen beantwortet.
Die Tagesdispo
Da alle Aufnahmetage streng disponiert sind, weiß ich, wie umfangreich mein Arbeitspensum pro Tag in etwa ist.
Eine tägliche Aufnahmezeit im Hörbuchstudio von vier bis sechs Stunden ist normal und beinhalten auch Retakes oder Traileraufnahmen.
Am Ende der disponierten Zeit sind meine Aufnahmen als Sprecherin "im Kasten" - es sei denn, es sind Retakes aufzunehmen, was zum Glück höchst selten vorkommt.
Die aufgenommenen Audiostunden gehen in der Zwischenzeit per Datentransfer zum Tontechniker, der sich um Schnitt und Editing sowie das Mastern der Files kümmert.
Meist hat ein Studio den Tag in zwei Arbeitsschichten unterteilt, so dass ich entweder von 9 oder 10 Uhr morgens bis 14 oder 15 Uhr am Nachmittag aufnehme, oder entsprechend in die Nachmittags- oder Abendschicht gehe.
Mein Tag beginnt insofern häufig mit Hörbuchaufnahmen, kann aber dann noch mit Aufnahmen aus anderen Genres wie Games, Synchron, Dokumentation, etc. weitergehen.
Am liebsten spreche ich allerdings pro Tag nur für ein bis max zwei verschiedene Genres, konzentriere mich auf diese Aufnahmen und kümmere mich in der restlichen Zeit um meine Korrespondenz, die Buchhaltung, Akquise, Social Media-Pflege oder auch mal ein Coaching.
Das Ergebnis einer kunstvollen Fusion von Kreativität und technischer Finesse
Sobald die Abnahme der Aufnahmen stattgefunden hat, werden sie vom Tontechniker gemastert und finalisiert. Bei diesem letzten Schritt der Hörbuch-Postproduktion
werden die Aufnahmen gleichmäßig ausgepegelt und optimiert. Der Zweck des Masterings besteht darin, die klanglichen Elemente auszubalancieren und die Wiedergabe auf
allen Systemen und für alle Medienformate zu optimieren. So können die Daten ebenso als Audio-CD verfügbar gemacht werden wie auch als digitale Ausgabe für Download
und Stream.
Das finalisierte Hörbuch kann dann bei den gewünschten Portalen und natürlich beim Verlag zur Verfügung gestellt und distribuiert werden.
Die "fertige Stunde" Hörbuch umfasst also weit mehr als nur die reine Aufnahmezeit. Sie ist das Produkt einer komplexen Mischung aus künstlerischem Engagement,
handwerklichem Können, technischer Optimierung und der Magie, die entsteht, wenn Worte zum Leben erweckt werden.
Übrigens: Das Interesse an Hörbüchern wächst stetig. Sie repräsentieren das am dynamischsten wachsende Segment in der digitalen Verlagswelt.
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